Montag, 23. Oktober 2006
Der Mann ist echt


"Niemals gehört der Turm da oben zur Veste". Ja, das sagte er mir. Deutlich. Sehr deutlich. Und zwar nur wenige Tage nachdem ich hier in dieser Stadt gelandet war. Ich stand am Fenster und schaute hinaus. Auf mein neues Zuhause. Die Sonne schien, unten auf der Straßen waren eine Menge Leute unterwegs und ich hatte zum ersten Mal dieses Gefühl. Nämlich angekommen zu sein.

Er >> zu seinem Blog könnte wahrscheinlich ganze Romane darüber schreiben, wie das mit dem Ankommen war. Dass ich mehrere Anläufe gebraucht habe, bis ich zum ersten Mal seine Wohnung auf DIREKTEM Weg gefunden habe. Dass ich öfters mal vom anderen Ende der Stadt einen Hilferuf übers Telefon senden musste, weil ich weder ein noch aus wusste. Besser gesagt, weder rechts noch links. Und wie ich jedes mal verzweifelt schaute, wenn er mir wieder und wieder erklärte, dass zwar alle Wege nach Rom und damit auch zu ihm führen, es aber einige gibt, die erheblich kürzer sind als andere.

Mittlerweile klappt das mit dem Ankommen auf direktem Wege. Wir haben ein paar Mal zusammen geübt. Auch sonst hat sich mein innerliches Navigationssystem an die neue Umgebung gewöhnt. Und zwar so gut, dass ich ohne Probleme alleine losziehen kann, ohne später per Ferndiagnose wieder nach Hause gelotst werden zu müssen. Das alles klappt so gut, dass ich heute, als ich auf dem Weg zu seiner Wohnung war, die Veste immer im Blick behalten konnte. (Die Straßenschilder kenne ich nämlich mittlerweile auswendig). Da war sie jedenfalls, die Veste. Noch fünf Kilometer vor seiner Wohnung war sie zu sehen. Vier auch noch. Und drei. Und ebenfalls zwei. Und sogar als ich hier in seine Straße einbog, lugte da noch was hinter den Bäumen hervor. Als ich hier oben in der Wohnung ankam und der Turm da oben noch immer der gleiche war, wie eben, unten im Auto - wurde mir einiges klar.

Triumphierend stürmte ich die Couch. "Siehste Baby, wir haben doch eine Wohnung mit Vesteblick. Der Turm da oben gehört nämlich dazu", sprudelte es aus mir heraus. Ich war stolz. Ich hatte etwas herausgefunden, was er, der nun schon viel länger als ich hier in dieser Stadt wohnte, in all den Jahren noch nicht in Erfahrung gebracht hatte. Gespannt auf seine Reaktion legte ich mein absolutes Siegerlächeln auf ...

Er schaffte es mit Mühe und Not von seiner Zeitungslektüre aufzuschauen, blickte mich irritiert an und brachte nur einen einzigen Satz hervor. "Ich habe nie etwas anderes behauptet."

Ich war erschüttert. Ich war wütend und vor allem war ich eins: Hundertprozentig sicher, dass er im Unrecht war. Aber ich blieb ruhig. Sehr ruhig. Und gab ihm Recht. Schließlich wusste ich, dass irgendwann einmal der Tag kommen würde, an dem auch er eines der vielen Männerklischees erfüllen würde. Und heute war es so weit.

Yippppieh, ich habe einen ECHTEN Mann.

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