Dienstag, 31. Oktober 2006
Seine Neue heißt SOPHIA
Seit ich IHN >> zu seinem Blog kenne, glaube ich nicht mehr an Zufälle. Dazu sind zu viele unglaubliche Dinge passiert. Dazu sind viel zu viele Dinge möglich geworden, die eigentlich unmöglich sind. Nein. Zufälle gibt es nicht.

Daher kann es heute auch kein Zufall gewesen sein, dass ich folgendes in meinem Briefkasten gefunden haben. "Lernen Sie Sophia kennen" stand da auf einem hübsch gefalteten und wahrscheinlich für sehr viel Geld gestalteten Infoflyer. Auf dem Bild war ein altes, gelinde gesagt, ein ziemliches altes Ehepaar, das gerade den fünften Frühling erlebte. Mein erster Gedanke: Erektionsstörungen. Mein zweiter: Inkontinenz.

Da weder er mit ersterem, noch ich mit zweiterem zu kämpfen habe (ja, ich habe gerade auf den Tisch hier neben mir geklopft) landete der Flyer beinahe im Müll.
Sein Glück war: Ich habe in meiner Wohnung noch gar keinen Müll. Warum auch. Ich bin ja nie dort.

Der Flyer blieb also auf dem Tisch liegen und bei einer Tasse Kaffee viel mein Blick erneut auf das Ehepaar. "Selbstständig Wohnen im Alter". Aha. Ich verstand. SOPHIA, das stand für SOziale Personenbetreuung, Hilfen Im Alltag. (Der Mensch, der sich diese Kampagne ausgedacht hat, ist sicher gut bezahlt worden).

Bei SOPHIA ging es also um die Möglichkeit, auch im hohen Alter noch alleine in der eigenen Butze hausen zu können. SOPHIA, das war so eine Uhr, wie sie Michael Knight in Knight Rider benutzte, um KITT zu Hilfe zu holen. Nur, dass eben im Fall der Rentneruhr nicht das sprechende Auto, sondern der nette Zivi vorbeischaut.

Aber ich schweife ab. Die Frage, die sich mir dann während meines Kaffeegenusses auftat war: Warum lag SOPHIA genau in MEINEM Briefkasten. (Ich habe extra nachgeschaut: Meine Nachbarn hatten das Teil nicht bekommen!). Dafür gab es eigentlich nur EINE Erklärung. ER.

Bis zu diesem Morgen haben mir die zehn Jahre Altersunterschied, die uns trennen, keinen Anlass zur Sorge gegeben. Ganz im Gegenteil. Manchmal frage ich mich, ob er wirklich schon eine Dekade länger auf diesem Erdball weilt. (Wer ihn einmal in seiner "Ich-kann-eine-Menge-Stimmen-immitieren-Phase gesehen hat, wüsste, was ich meine).

Was ist aber in ein paar Jahren. Sagen wir in zwanzig. Vielleicht sogar in vierzig? Dann bin ich 64. Reise noch mit Busgruppen durch die Welt, tausche mich mit meiner besten Freundin über die Vor- und Nachteile von Stützstrümpfen aus und gehe findigen Aasgeiern mit Wärmeheizdecken auf dem Leim.

Und er? Er ist dann 74. Kann mich vielleicht kaum noch vom Trockengesteck auf unserer Fensterbank unterscheiden und nutzt sein Extra-Strong-Haargel nur noch für seine Dritten Zähne.

Soll ich ihn deswegen aber in ein Altersheim abschieben? Da, wo er vielleicht einer scharfen Schwester ins Auge fällt, die es nur auf seine Millionen abgesehen hat? Nein. Das kann ich nicht. Das bring ich nicht übers Herz. Nicht nur wegen der Millionen. Aber ich sag es immer wieder. Es gibt keine Zufälle. Heute morgen hat sich eins der schwerwiegensten Probleme meiner fernen, noch hoffentlich sehr fernen Zukunft gelöst. SOPHIA.

Ja, sie wird ihm dann helfen. Was immer auch passiert, an welchen Stränden dieser Erdkugel ich auch weile, wo auch immer ich genüsslich einen Cocktail schlürfe, mir Vernissagen und Konzerte anschaue oder gefährliche Gipfel besteige, SOPHIA wird auf ihn aufpassen. Und ich kann beruhigt meine zehn Jahre Lebenserfahrung nachholen.

SOPHIA ist ja da. Sie darf das. Sie. Und nur Sie.

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